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Kirchengericht:Verwaltungsgerichtshof der UEK
Entscheidungsform:Urteil (rechtskräftig)
Datum:11.01.2002
Aktenzeichen:VGH 3/00
Rechtsgrundlage:VMaßnG Art. 2, 3 und 4; KBVO §§ 2 und 26
Vorinstanzen:Verwaltungskammer (VK 12/98)
Schlagworte:Sonderzahlung, Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Alimentationsprinzip, Gleichheitsgrundsatz, Maßnahmengesetz
rstinstanzliche Entscheidung lässt sich online über den Link VK 12/98 aufrufen.
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Leitsatz:

  1. Die Regelungen zur Kürzung der Sonderzahlung und Streichung des Urlaubsgeldes durch das ordnungsgemäß beschlossene Maßnahmengesetz verstoßen nicht gegen vorrangiges anderes Kirchenrecht oder den Gleichbehandlungsgrundsatz.
  2. Durch die Kürzung der Sonderzahlung (Sonderzuwendung – Weihnachtsgeld) wird der Alimentationsgrundsatz nicht angetastet.
  3. Für die Ungleichbehandlung von Angestellten und Arbeitern sowie von Kirchenbeamten im Schuldienst liegen ausreichend begründete sachliche Gründe vor. Dabei steht dem kirchlichen Normgeber zusätzlich ein erheblicher Gestaltungsspielraum zu.
  4. Die KBVO lässt kirchliche Sonderregelungen (abweichend vom Landesrecht) zu.

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche von Westfalen vom 12. November 1999 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Gründe:

I.

Mit dem von der Landessynode beschlossenen Kirchengesetz über vorübergehende dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtliche Maßnahmen (VMaßnG) vom 14. November 1997 bestimmte die Beklagte neben anderen Regelungen eine Reduzierung der jährlichen Sonderzuwendung für das Jahr 1997. Das Gesetz wurde im Kirchlichen Amtsblatt der Beklagten vom 26. November 1997 veröffentlicht und trat nach seinem Art. 3 § 2 Abs. 1 am 1. Dezember 1997 in Kraft. Der Kläger erhielt mit den Ende November 1997 ausgezahlten Bezügen für den Monat Dezember 1997 eine nach Art. 2 § 4 Abs. 1 Satz 1 VMaßnG auf 2.500,- DM reduzierte Sonderzuwendung. Art. 2 § 3 Satz 2 VMaßnG sieht vor, dass Kirchenbeamte, deren Besoldung im Rahmen der Ersatzschulfinanzierung refinanziert wird, von der Kürzung der Sonderzuwendung ausgenommen sind.
Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob der Kläger Klage zur Verwaltungskammer. Er begehrte die Zahlung einer ungekürzten Sonderzuwendung und machte geltend, das Gesetz vom 14. November 1997 sei unwirksam. Es widerspreche zunächst der Kirchenbeamtenbesoldungs- und -versorgungsordnung vom 1. Juni 1992 – KBVO – die im Grundsatz auf die Bestimmungen für Beamte des Landes Nordrhein-Westfalen verweise. Für eine Abweichung davon sei das nach § 26 KBVO erforderliche Benehmen mit der Evangelischen Kirche im Rheinland nicht ordnungsgemäß herbeigeführt worden. Darüber hinaus verstoße das Gesetz gegen höherrangiges Kirchenrecht. Insbesondere gelte auch hier das Alimentationsprinzip und der Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Alimentationspflicht sei verletzt, weil der Sonderzuwendung der Charakter einer Monat für Monat anwachsenden Treueprämie zukomme, die nicht gegen Ende des Jahres drastisch gekürzt werden dürfe. Mit dem Gleichbehandlungsprinzip stehe die Kürzung vor allem deshalb nicht im Einklang, weil Beamte im Schuldienst ausgenommen worden seien. Die Refinanzierung der insoweit aufzubringenden Besoldungsleistungen bilde keinen sachlichen Grund für die unterschiedliche Behandlung. Auch bestehe aus dem Privatschulrecht des Landes Nordrhein-Westfalen keine Verpflichtung, die Kirchenbeamten im Schuldienst den beamteten Lehrern im Landesdienst gleich zu stellen. Schließlich sei das Gesetz vom 14. November 1997 fehlerhaft angewendet worden. Es gelte seit dem 1. Dezember 1997. Folglich habe bei Auszahlung der Dezemberbezüge und der Sonderzuwendung Ende November 1997 noch der Rechtszustand bestanden, der die Sonderzuwendung in voller Höhe vorsehe.
Mit Urteil vom 12. November 1999 hat die Verwaltungskammer die Klage abgewiesen. Sie hat zur Begründung ausgeführt, die Höhe der an den Kläger gezahlten Sonderzuwendung 1997 entspreche den besoldungsrechtlichen Bestimmungen. Für die Sonderzuwendung seien die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse maßgeblich, die am 1. Dezember des jeweiligen Kalenderjahres wirksam seien. Das Gesetz vom 14. November 1997 sei ordnungsgemäß unter Beachtung von § 26 KBVO beschlossen worden. Es verstoße auch nicht gegen vorrangiges anderes Kirchenrecht. Die Sonderzuwendung sei keine Gratifikation oder Treueprämie, die stückweise anwachse. Durch die Kürzung werde der Alimentationsgrundsatz auch sonst nicht angetastet. Für die Ungleichbehandlung von Kirchenbeamten im Schuldienst seien sachliche Gründe ausschlaggebend. Die Beklagte sei zur Gleichstellung der Lehrkräfte mit beamteten Lehrern im Landesdienst verpflichtet. Im Übrigen sei ein Einspareffekt durch die Refinanzierung der Besoldungsleistungen äußerst gering.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers. Mit ihr verweist der Kläger zunächst auf § 2 Satz 1 KBVO, der die Kirchenbeamten ohne Einschränkung mit Landesbeamten in entsprechender Stellung gleich stelle. Erst durch die gesetzesvertretende Verordnung vorn 18./19. Februar 1999 sei eine Einschränkungsmöglichkeit geschaffen worden. Vor allem aber sei die Ungleichbehandlung gegenüber den kirchenbeamteten Lehrern zu beanstanden. Entgegen der Auffassung der Verwaltungskammer bestehe keine Gleichstellungspflicht im Verhältnis zu beamteten Lehrern im Landesdienst. Refinanzierungsmöglichkeiten könnten Besoldungsunterschiede nicht rechtfertigen. Dies werde auch an der Normsetzung der Beklagten selbst deutlich, die nunmehr durch die Verordnung vom 18./19. Februar 1999 den § 1 KBVO um eine Sondervorschrift für kirchenbeamtete Lehrkräfte ergänzt habe.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte unter Änderung der angefochtenen Besoldungsabrechnung für den Monat Dezember 1997 und unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides des Landeskirchenamtes vom 13. Oktober 1998 zu verpflichten, dem Kläger die Sonderzuwendung 1997 in voller Höhe – ohne Berücksichtigung der Absenkung nach Art. 2 §§ 3 bis 5 VMaßnG – zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und macht zu dem Berufungsvorbringen des Klägers ergänzend geltend, die gesetzesvertretende Verordnung vom 18./19. Februar 1999 enthalte mit den vom Kläger genannten Bestimmungen lediglich Klarsteilungen, die nichts daran änderten, dass die Verwaltungskammer den zuvor geltenden Rechtszustand zutreffend dargestellt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze sowie auf die Akten des Verwaltungskammerverfahrens (2 Bände) verwiesen. Die genannten Akten haben dem Senat vorgelegen und sind zum Inhalt der mündlichen Verhandlung gemacht worden.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat die Verwaltungskammer entschieden, dass der Kläger die Zahlung einer ungekürzten Sonderzuwendung 1997 nicht beanspruchen kann.
Soweit der Kläger sein Begehren im erstinstanzlichen Verfahren auch auf ein – aus seiner Sicht – fehlerhaftes Zustandekommen des Gesetzes vom 14. November 1997, auf den Gesichtspunkt der Sonderzuwendung als Treueprämie, auf die Ungleichbehandlung im Verhältnis zu Arbeitern und Angestellten im Kirchendienst und auf das nach 1997 gestiegene Kirchensteueraufkommen gestützt hat, sind diese Fragen nicht mit neuen Gesichtspunkten zum Gegenstand der Berufungsbegründung gemacht worden. Insoweit verweist der Senat deshalb auf die zugehörigen Ausführungen im angefochtenen Urteil der Verwaltungskammer, denen nichts hinzuzufügen ist.
Gemäß Art. 2 § 4 Abs. 1 VMaßnG stand dem Kläger für 1997 eine Sonderzuwendung in Höhe von 2.500,- DM zu. Diese hat er erhalten. Entgegen seiner Auffassung kann der Kläger für sich nichts daraus herleiten, dass die Sonderzuwendung an ihn am 27. November 1997 ausgezahlt worden und das die Kürzungsvorschrift enthaltende Gesetz vom 14. November 1997 erst am 1. Dezember 1997 in Kraft getreten ist. Nach § 10 des nach § 1 Abs. 1 Satz 1 KBVO insoweit anzuwendenden – staatlichen – Gesetzes über die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung sind für die Gewährung und Bemessung der Zuwendung die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse am 1. Dezember des jeweiligen Kalenderjahres maßgebend, soweit in dem Gesetz keine anderen Regelungen getroffen sind. Letzteres ist nicht der Fall. Für die Zahlung der Zuwendung war folglich zwingend das Gesetz vom 14. November 1997 zu berücksichtigen. Eine Auszahlung der ungekürzten Zuwendung hätte der genannten Vorschrift und im Übrigen der ausdrücklichen Zweckbestimmung des Gesetzes vom 14. November 1997 widersprochen.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren § 2 Satz 1 KBVO in der 1997 geltenden Fassung anführt und darauf hinweist, dass dort für die Besoldung und Versorgung eine Gleichstellung mit Landesbeamten in entsprechender Stellung vorgesehen sei, ergibt sich daraus gleichfalls kein Anspruch auf eine 2.500,- DM übersteigende Sonderzuwendung 1997. Vielmehr ist der systematische Zusammenhang der genannten Vorschrift mit § 1 Abs. 1 Satz 1 KBVO zu beachten, der bestimmt, dass für die Besoldung der Kirchenbeamten das jeweilige Recht der Landesbeamten in Nordrhein-Westfalen sinngemäß gelte, soweit das kirchliche Recht nichts anderes bestimme.Dass die zuletzt genannte Einschränkung durch § 2 Satz 1 KBVO wieder aufgehoben werden soll, ist auszuschließen. § 2 Satz 1 KBVO hat vielmehr offenbar die ergänzende Funktion, die grundsätzliche Ankopplung von Kirchenbeamten an Landesbeamte in entsprechender Funktion zu gewährleisten. An der nach § 1 Abs. 1 Satz 1 KBVO fortbestehenden Möglichkeit kirchlicher Sonderregelungen ändert dies nichts.
Vor diesem Hintergrund kommt dem Umstand keine rechtliche Bedeutung zu, dass der kirchliche Normgeber nunmehr durch Art. 1 § 2 Nr. 2 der Verordnung vom 18./19. Februar 1999 (KABl. W S. 77) auch § 2 Satz 1 KBVO um den Halbsatz „soweit nicht das kirchliche Recht etwas anderes bestimmt“ ergänzt hat. Vielmehr ergibt sich aus dem Vorstehenden, dass diese Neuregelung lediglich deklaratorischer Art ist.
Schließlich kann der Kläger sein Begehren nicht mit Erfolg darauf stützen, das Gesetz vom 14. November 1997 sei ganz oder teilweise unwirksam, weil es eine Ungleichbehandlung mit Kirchenbeamten im Schuldienst bewirke. Zwar besteht diese Ungleichbehandlung, weil Art. 2 § 3 Satz 2 VMaßnG Kirchenbeamte im Schuldienst von den Kürzungen der Sonderzuwendung 1997 ausnimmt, doch ist dies nicht zu beanstanden.
Bereits in seinem Beschluss vom 4. März 1998 im Verfahren VGH 6/98 hat der Senat im Zusammenhang mit den Kürzungen der Sonderzuwendung bei der Beklagten für den rechtlichen Ausgangspunkt hervorgehoben, dass im Kirchenrecht wie im staatlichen Recht nur dann ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz in Betracht zu ziehen ist, wenn für eine unterschiedliche Behandlung sachliche Gründe fehlen und sie deshalb willkürlich erscheint (vgl. auch VGH der EKU, Urteil vom 15. Oktober 1993 – VGH 1/92 – RSprB Abl. EKD 1995, 9). Die Gleichbehandlungspflicht bedeutet für die Beklagte die allgemeine Weisung, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Dies gilt nicht ausnahmslos, sondern nur, wenn die Gleichheit oder Ungleichheit der Sachverhalte so bedeutsam sind, dass ihre Beachtung unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten geboten erscheint. Dabei steht dem kirchlichen Normgeber zusätzlich ein erheblicher Gestaltungsspielraum zu. Was dabei in Anwendung des Gleichheitssatzes sachlich vertretbar oder sachfremd ist, lässt sich nicht allgemein und abstrakt feststellen, sondern nur in Bezug auf die Eigenart des konkreten Sachbereichs, der geregelt werden soll (vgl. zum staatlichen Recht: BVerfGE 75,108/157; 90,145/196; 93,319/348). In Beachtung dieser Grundsätze verkennt das klägerische Vorbringen die Gestaltungsfreiheit der kirchlichen Normsetzung. Es stand danach im gestalterischen Ermessen der Gesetzgebung durch die Synode der Beklagten, ob sie bei der Frage einer Gleich- oder Ungleichbehandlung von Kirchenbeamten im Verwaltungsdienst einerseits und Kirchenbeamten im Schuldienst andererseits dem Gesichtspunkt der Solidarität aller kirchlichen Mitarbeiter im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis (vgl. dazu Urteil des Senats vom 18. Januar 2000 – VGH 4/98 – zu einer entsprechenden Entscheidung der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg) oder aber dem Gesichtspunkt der Refinanzierbarkeit von Besoldungsleistungen bei Kirchenbeamten im Schuldienst den Vorrang einräumen wollte. Beide Entscheidungen waren vom – durch das Gericht nicht antastbaren – Normsetzungsspielraum gedeckt, weil beide genannten Gesichtspunkte jeder für sich genommen sachlich fundiert und keineswegs willkürlich sind. Daran ändert nichts, dass die Refinanzierung nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten nur 94% der Besoldungsleistungen erfasst.
Schon danach kann die durch das Gesetz vom 14. November 1997 bewirkte Ungleichbehandlung nicht beanstandet werden. Deshalb kommt es für die Entscheidung nicht darauf an, ob die Annahme der Vorinstanz zutreffend ist, das Schulrecht des Landes Nordrhein-Westfalen gebiete in jeder Hinsicht eine Gleichstellung von Kirchenbeamten im Schuldienst mit beamteten Lehrern des Landes. Wird dies mit dem Berufungsvorbringen auch der Beklagten verneint, so fehlt es dennoch nicht an einem sachlichen Grund für die vom Kläger beklagte Ungleichbehandlung. Daraus ergibt sich zugleich, dass es für die Entscheidung in dieser Sache keinen Einfluss hat, welche Bedeutung dem Umstand beizumessen ist, das die Beklagte durch Art. 1 § 2 Nr. 1a der Verordnung vom 18./19. Februar 1999 auch in das kirchliche Recht eine Regelung aufgenommen hat, die eine Gleichstellung von Kirchenbeamten im Schuldienst mit beamteten Lehrern im staatlichen Landesdienst vorsieht.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 66 Abs. 3 VwGG.