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Erläuterungen zu Artikel 69 Kirchenordnung

Leitungsfeld Recht und Organisation (Dr. Conring/Berg/Huget)

Stand: 01.07.2022

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Absatz 1 – Inhalt

Mit dem 73. KO-Änderungsgesetz zur Änderung der Kirchenordnung – Flexibilisierung der Arbeitsweise kirchlicher Organe – Ablösung des Pandemie-Gesetzes – , dass die Landessynode am 15. Juni 2022 verabschiedet hatte, wurde Absatz 1 geändert.
In der Verfassung wurden für alle Gremien die Anforderungen an die Niederschriften im Protokollbuch neu geregelt und eine einheitliche Dokumentationspflicht für die Namen der Anwesenden, die Art der Zusammenkunft, die Feststellung der Beschlussfähigkeit, die Form der Beschlussfassung und die gefassten Beschlüsse festgelegt. Es handelt sich also nicht um ein Verlaufsprotokoll, sondern um ein Beschlussprotokoll.
In den Niederschriften sind Umlaufbeschlüsse und die Art der Zusammenkunft (Präsenz, Videokonferenz, Telefonkonferenz oder eine Kombination) festzuhalten. Das Protokoll muss die in Absatz 1 genannten Angaben enthalten, kann aber als Beschlussprotokoll auf das Wesentliche beschränkt werden.
Sinn der Niederschrift ist es, nachvollziehen zu können, was wann unter Präsenz welcher Beteiligter verhandelt oder entschieden wurde. Die Anwesenheitsliste ist ggf. mit Bemerkungen zur zeitlich begrenzten (bei welchen Tagesordnungspunkten) Präsenz zu ergänzen. Dazu gehört auch, wer wie lange über eine Telefon- bzw. Videokonferenz zugeschaltet war. Es ist erforderlich, die Reihenfolge der Entscheidungen, so wie sie realistisch erfolgt sind, festzuhalten, damit die Beschlussfähigkeit nach Artikel 64 Absatz 2 KO ggf. nachvollzogen werden kann.
Absatz 1 enthält keine ausdrückliche Regelung, ob ein Sondervotum einer Presbyterin oder eines Presbyters in die Niederschrift aufzunehmen ist. Auch andere kirchliche Rechtsvorschriften dazu gibt es nicht. Man wird aber in besonderen Fällen einem Presbyteriumsmitglied den Anspruch zugestehen müssen, sein Sondervotum zu einer wichtigen Beschlussfassung protokollieren zu lassen. Ein derartiger Sonderfall könnte ein möglicher Regresses des Presbyteriums wegen einer die Kirchengemeinde schädigenden Beschlussfassung gestellt. Sollte eine solche Schadensersatzverpflichtung als nicht ganz unwahrscheinlich angesehen werden oder auch schon dann, wenn die Beschlussfassung sich als rechtswidrig darstellt, ohne dass Vermögensschäden eintreten könnten, besteht ein Anspruch auf Protokollierung des Sondervotums. Dies sichert der Presbyterin oder dem Presbyters einen wichtigen Baustein zur Abwehr von Regressansprüchen in einem möglichen Verfahren. Allerdings wird sich eine solche Konstellation nur äußerst selten ergeben.
Von einer Protokollierung eines Sondervotums in sonstigen Fällen sollte nur sehr zurückhaltend Gebrauch gemacht werden, um die gemeinsame Verantwortung und Verantwortlichkeit des Presbyteriums nicht zu unterlaufen. Neben den genannten Regresskonstellationen kommen dafür nur dringende persönliche (Gewissens)Gründe in Frage. Ein Rechtsanspruch besteht somit nicht. Sofern jedoch von dem entsprechenden Presbyteriumsmitglied ein Antrag gestellt und über diesen abgestimmt wurde, wäre der Wortlaut des Änderungsantrages sowie das Abstimmungsergebnis aufzunehmen.
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Absatz 2 – Genehmigung

Mit dem 73. KO-Änderungsgesetz zur Änderung der Kirchenordnung – Flexibilisierung der Arbeitsweise kirchlicher Organe – Ablösung des Pandemie-Gesetzes – , dass die Landessynode am 15. Juni 2022 verabschiedet hatte, wurde Absatz 2 aus Gründen der Zweckmäßigkeit neu gefasst.
Die bisherige Form der Kontrolle der Niederschrift, insbesondere der Schritt des Vorlesens, ist formalistisch und aufwendig und bietet keine wesentlichen Vorteile für die Sicherheit der Kontrolle. Es passt in dieser Form nicht mehr in die zunehmend digitale Welt. Ein gleiches, wenn nicht höheres Maß an Sicherheit wird erreicht, wenn jede Presbyterin oder jeder Presbyter den Entwurf zu Hause in der individuell erforderlichen Gründlichkeit liest. Der Schritt des Vorlesens wird mit der Neuregelung aufgehoben und die Presbyteriumssitzungen werden entlastet. Die Formulierung am Anfang lässt es insbesondere für kurze und diskussionsarme Sitzungen zu, das Protokoll direkt in der Sitzung festzustellen. Neu ist, dass die Niederschrift von der oder dem Vorsitzenden und einem weiteren gewählten Mitglied des Presbyteriums unterzeichnet wird. Bisher mussten die Niederschriften von der oder dem Vorsitzenden und zwei gewählten Mitgliedern des Presbyteriums unterzeichnet werden.
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Absatz 2 – Datenschutz

Einladungen, Niederschriften und die in ihnen enthaltenen Unterlagen können personenbezogene Daten und vertraulich gekennzeichnete Unterlagen enthalten. Bei einem digitalem Versand oder Abruf der Unterlagen ist technisch auf Grundlage des EKD-Datenschutzgesetzes1# (DSG-EKD) sicherzustellen, dass Unberechtigte keinen Zugriff auf diese Dokumente haben. § 27 DSG-EKD schreibt den kirchlichen Stellen vor, unter Berücksichtigung des Stands der Technik, der Implementierungskosten, der Art, des Umfangs, der Umstände und der Zwecke der Verarbeitung sowie der unterschiedlichen Eintrittswahrscheinlichkeiten und Schwere der Risiken für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen geeignete technische und organisatorische Maßnahmen zu treffen, um ein dem Risiko angemessenes Schutzniveau zu gewährleisten und einen Nachweis hierüber führen zu können. Was alles dazu gehört, kann den weiteren Ausführungen in § 27 Absatz 1 DSG-EKD entnommen werden. Auskünfte erteilen auch die von den kirchlichen Stellen bestellten örtlich Beauftragten für den Datenschutz (siehe § 36 DSG-EKD). Allgemeine Hinweise und weitere Zuständigkeiten zum kirchlichen Datenschutz finden Sie unter https://datenschutz.ekd.de/.
Sofern Niederschriften per E-Mail versandt werden sollen, ist sicherzustellen, dass Dritte darauf nicht zugreifen können (s. o.). Mit der IT ist ein geeignetes und sicheres Verfahren abzustimmen. Das Presbyteriumsmitglied muss Sorge dafür tragen, dass Dritte auf die übermittelten und gespeicherten Daten nicht zugreifen können.
Unterlagen in Papierform sind ebenfalls sicher aufzubewahren (verschließbarer Schrank) und vor dem Zugriff Dritter, auch vor Familienangehörigen, zu schützen.
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Absatz 3 – Nicht öffentlich

Mit dem 73. KO-Änderungsgesetz zur Änderung der Kirchenordnung – Flexibilisierung der Arbeitsweise kirchlicher Organe – Ablösung des Pandemie-Gesetzes – , dass die Landessynode am 15. Juni 2022 verabschiedet hatte, wurde Absatz 3 neu eingefügt.
Absatz 3 regelt zur Klarstellung, dass die Niederschriften nicht öffentlich sind. In der Vergangenheit wurde diese Frage regelmäßig an das LKA herangetragen. Niederschriften oder Auszüge davon dürfen Dritten nicht zugänglich gemacht werden, außer das Presbyterium beschließt anderes dazu.
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Übersendung von Niederschriften an den Kirchenkreis

Für die Ausführung von Beschlüssen ist in der Regel das Kreiskirchenamt zuständig. Es ist daher in der Praxis oft üblich, den Mitarbeitenden des Kreiskirchenamtes die Niederschriften von den Presbyteriumssitzungen zu übersenden. Es wäre aber ausreichend, nur die Ausfertigungen der für die Arbeit des Kreiskirchenamtes rechtlich relevanten Beschlüsse nach Artikel 70 Absatz 1 KO auszufertigen und diese zu übersenden.
Im Rahmen der allgemeinen kirchlichen Aufsicht kann sich die Superintendentin oder der Superintendent über alle ihrer oder seiner Aufsicht unterliegenden Angelegenheiten informieren. Um diese Aufsicht zielgerecht wahrnehmen zu können, ist die regelmäßige Über-sendung von Protokollen der Sitzung der Presbyterien der Kirchengemeinden zulässig. Weitere Ausführungen finden sich in den Erläuterungen zu Artikel 114 KO.
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Allgemeine Erläuterungen zur Kirchenordnung– Dokumentenübersicht – Gesetzgebungsverfahren

Die allgemeinen Erläuterungen finden Sie hier oder bei dem aufgerufenen Dokument auf der Webseite bei den Icons unter „E“.
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