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Erläuterungen zu Artikel 65 Kirchenordnung

Dezernat 51 (Dr. Conring/Berg/Huget)

Stand: 22.11.2005

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Allgemeines

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Absatz 3 – Öffentlichkeit von Presbyteriumssitzungen

Kirchengemeinden, die auf dem Weg des Zusammenwachsens mit dem Ziel der Kooperation und Vereinigung sind, können sich die gegenseitig die Teilnahme an regulären Presbyteriumssitzungen ermöglichen. Die Mitglieder der betroffenen Presbyterien dürfen wechselseitig auf Einladung an den Presbyteriumssitzungen der jeweils anderen Kirchengemeinde teilnehmen. In diesem Fall stellt Absatz 3 (Nichtöffentlichkeit der Sitzung) kein Hindernis dar.
Der Sache nach wird auf diesem Weg den Presbyterien die Möglichkeit gegeben, alle Mitglieder des Nachbarpresbyteriums zu konkreten Tagesordnungspunkten oder ganzen Sitzungsterminen einzuladen. Die Mitglieder des Nachbarpresbyteriums stellen keine Öffentlichkeit dar und die Verschwiegenheitsregeln werden auf sie ausgedehnt. Ferner ist davon auszugehen, dass die Beteiligung kein Stimmrecht, wohl aber die beratende Teilnahme umfassen kann.
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Absatz 3 – Historie: Öffentlichkeit von Presbyteriumssitzungen

Im Rahmen der Beratungen der Landessynode 1997 zur Hauptvorlage „Ohne uns sieht eure Kirche alt aus“ wurde der Beschluss gefasst, dass die Kirchengemeinden und Kirchenkreise zu der Frage der Aufteilung der Presbyteriumssitzungen in einem öffentlichen und einem nichtöffentlichen Tagungsteil gehört werden sollen. Hintergrund war der Wunsch nach mehr Transparenz am Zustandekommen kirchlicher Entscheidungen. Mit Schreiben vom 14.12.1999 wurden die Kirchengemeinden und Kirchenkreise der Ev. Kirche von Westfalen gebeten, sich zur Frage der Öffentlichkeit von Presbyteriums- und Ausschuss-Sitzungen zu äußern.
Folgendes Dokument steht zur Verfügung:
Die dem Landeskirchenamt vorliegenden Stellungnahmen der Kirchengemeinden und Kirchenkreise hatten ein eindeutiges Votum für die Beibehaltung der Nichtöffentlichkeit von Presbyteriums- und Ausschuss-Sitzungen ergeben. Dreizehn Kreissynodalvorstände und 69 Kirchengemeinden sprachen sich für die Nichtöffentlichkeit von Sitzungen aus, acht Kirchengemeinden plädierten dafür, bei einer Sitzung im Jahr oder bei vorher festgeschriebenen Themen die Öffentlichkeit zuzulassen, vier Kirchengemeinden sprachen sich grundsätzlich für eine Öffentlichkeit der Presbyteriumssitzungen aus.
In vielen Stellungnahmen zugunsten einer Beibehaltung der Nichtöffentlichkeit wurde auf die Argumentation auf Seite 2 des Schreibens des Landeskirchenamtes vom 14.12.1999 (siehe oben) verwiesen. Dabei werden die Vorschläge, einen Gemeindebeirat zu bilden, Gemeindeversammlungen durchzuführen und für die Öffentlichkeit in der Kirchengemeinde interessante Beschlüsse des Presbyteriums im Gemeindebrief zu erläutern, zum Anlass genommen, zukünftig verstärkt die Gemeindeglieder in die Arbeit des Presbyteriums einzubeziehen bzw. über die Ergebnisse der Beratungen zu berichten. Einige Kirchengemeinden wollen prüfen, ob sie anstehende Schwerpunktthemen von Sitzungen zukünftig im Gemeindebrief frühzeitig vorstellen. Es wurde auch vorgeschlagen, Vertreterinnen oder Vertreter einzelner Gemeindegruppen oder der Zielgruppenarbeit zu Presbyteriumssitzungen verstärkt einzuladen, wobei ihnen auch Gelegenheit gegeben werden soll, das Presbyterium zu seiner Arbeit im Allgemeinen zu befragen. In den regelmäßigen Dienstbesprechungen mit hauptamtlichen Mitarbeitenden im pädagogischen und theologischen Bereich, die in einigen Kirchengemeinden sogar wöchentlich stattfinden, könnten diese über die Arbeit und Beschlüsse des Presbyteriums informiert werden. Ehrenamtliche Mitarbeitende könnten von Presbyteriumsmitgliedern direkt oder bei Treffen (z.B. Bezirksfrauenstunde) über die für ihre Arbeit wichtige Entscheidungen des Presbyteriums nähere Informationen erhalten. Die Transparenz der Presbyteriumsentscheidungen und eine möglichst starke Beteiligung der Gemeindeglieder am Entscheidungsprozess ist über Gemeindebeirat und Gemeindeversammlung hinaus auch dadurch möglich, dass relevante Fragen in Gemeindekreisen (z.B. Frauenhilfe, Seniorenkreis, Jugendgruppe) vorgestellt und diskutiert werden können und auf diese Weise ein Meinungsbild entsteht. In einzelnen Kirchengemeinden ist es teilweise schon seit langem üblich, die Tagesordnung der Presbyteriumssitzungen im Gemeindehaus auszuhängen und auf den Aushang in den Abkündigungen hinzuweisen. Eine stärkere Beteiligung der Gemeinde an Entscheidungsfindungen ist über die Bildung vieler beratender Ausschüsse möglich, an deren Sitzungen sollen verstärkt Nichtpresbyteriumsmitglieder teilnehmen. Weiter wurde vorgeschlagen, dass am Ende der Presbyteriumssitzung festgelegt werden sollte, welche Ergebnisse zeitnah für die Gemeinde veröffentlicht werden sollen (z. B. am schwarzen Brett).
Anders als in staatlichen Parlamenten gibt es in Presbyterien keine Parteien und Fraktionen, keine Vorentscheidungen, die die öffentliche Sitzung nur zu einem „Schaulaufen“ machen. In Presbyteriumssitzungen werden Entscheidungen im Laufe eines offenen, teilweise langwierigen Diskussionsprozesses gefunden und dann trotz unterschiedlicher Meinungen und knapper Abstimmungsergebnisse im Nachhinein einmütig getragen. Bei gravierenden Veränderungen in einer Kirchengemeinde (Änderung von Pfarrbezirksgrenzen, Verkauf von Gemeindezentren) würden sich viele Presbyteriumsmitglieder durch die Öffentlichkeit behindert und eingeschränkt fühlen. Dies ist unzumutbar, da in einer Berichterstattung nach öffentlichen Sitzungen nie zu gewährleisten wäre, dass der gesamte Diskussionsprozess in seiner Entstehung und Veränderung sachgerecht und transparent dargestellt würde. Das Presbyteriumsmitglied wäre öffentlichem Druck, Verärgerung und Nachstellungen schutzlos ausgeliefert. Dies gilt besonders für emotional belastete Entscheidungsprozesse.
In den Stellungnahmen, die eine grundsätzliche oder teilweise Öffnung der Presbyteriumssitzungen für die Öffentlichkeit befürworteten, wurde u. a. vorgetragen, dass interessierten Gemeindegliedern die Möglichkeit gegeben werden soll, die Vielschichtigkeiten der Aufgaben von Leitung und Verwaltung der Gemeinde besser kennen zu lernen. Eine gewisse Transparenz würde auch mehr Verständnis für möglicherweise umstrittene Entscheidungen des Presbyteriums in der Gemeinde bewirken können. Bestimmte Dinge können ihrer Art nach, andere Dinge aufgrund ihrer örtlichen oder persönlichen Gegebenheiten nichtöffentlich diskutiert werden. Andere Aufgaben aber, insbesondere zu theologischen Fragen, sollten durchaus auch öffentlich und in Verantwortung vor der Gemeinde behandelt werden können. Durch einen öffentlichen Teil der Tagesordnung könnte das Interesse der breiten Öffentlichkeit an kirchlichen Abläufen und Entscheidungen geweckt werden.
Aufgrund des eindeutigen Votums zugunsten der Nichtöffentlichkeit hatte die Kirchenleitung beschlossen, ein Verfahren zur Änderung von Artikel 65 Absatz 3 Kirchenordnung nicht einzuleiten, da keine Aussichten bestanden, die erforderliche Mehrheit nach Artikel 139 Absatz 2 KO (Zustimmung von drei Fünfteln der stimmberechtigten Mitglieder der Landessynode) auf der Landessynode zu erreichen.
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