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Kirchengericht:Schlichtungsstelle nach dem MVG der Evangelischen Kirche von Westfalen (2. Kammer)
Entscheidungsform:Beschluss rechtskräftig
Datum:02.05.2013
Aktenzeichen:2 M 113/12
Rechtsgrundlage:§ 40 Buchstabe i MVG.EKD
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Krankheit, Unterbesetzung
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Leitsatz:

Die durch kurzfristige Krankheitsausfälle bedingte Unterbesetzung eines Schichtdienstes begründet kein Mitbestimmungsrecht der Mitarbeitervertretung nach § 40 Buchstabe i MVG.EKD

Tenor:

Die Anträge der Mitarbeitervertretung zu Ziffern 1. und 2. werden zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Mitbestimmung bei der Besetzung des Nachtdienstes. Die betroffene Dienststelle betreibt Einrichtungen der Altenhilfe und Kindertagesstätten und ist seit 2004 Mitglied des XXX. Sie beschäftigt etwa 170 Mitarbeitende.
Im Betreuungszentrum der Einrichtung werden die Nachtdienste grundsätzlich mit einer Pflegefachkraft und weiteren zwei Pflegekräften besetzt. Diese Regelbesetzung gelang in den Nachtdienstzeiten vom 07. auf den 08. und vom 08. auf den 09.10.2012 wegen kurzfristigen Krankheitsausfällen nicht. Der erstere Nachtdienst wurde nur mit der Pflegefachkraft und einer weiteren Pflegekraft durchgeführt. In der zweiten Nacht wurde, statt der zweiten Pflegekraft, ein Auszubildender im 2. Ausbildungsjahr zum Altenpfleger eingesetzt.
Über die Änderungen wurde die Mitarbeitervertretung am 08.10.2012 per Fax informiert. Nach beiden Nachtdiensten reichten die betroffenen Mitarbeitenden Entlastungsanzeigen bei der Dienstellenleitung ein. Mit Schreiben vom 25.10.2012 rügte die Mitarbeitervertretung, dass die Dienststellenleitung nicht entsprechende Vorkehrungen für Dienstausfälle der vorliegenden Art getroffen habe, so dass sie systematisch Arbeitsverdichtung auf Kosten der Gesundheit der Mitarbeitende betreibe, was der Mitbestimmung der Mitarbeitervertretung unterliege. Man erwarte daher schnellstmöglich einen entsprechenden Mitbestimmungsantrag.
Die Mitarbeitervertretung hat sodann am 07.12.2012 das vorliegende Schlichtungsverfahren eingeleitet, mit dem sie geltend macht, dass die Minderbesetzung der beiden fraglichen Nachtdienste ihrer Mitbestimmung nach § 40 Buchstabe i MVG.EKD unterlegen habe. In beiden Fällen seien nämlich die eingesetzten Mitarbeitenden zu einer erhöhten Arbeitsleistung herangezogen worden. Darauf wiesen die eingegangenen Entlastungsanzeigen hin. In ähnlichen Fällen der Minderbesetzung sei daher die Dienststellenleitung verpflichtet, ein Mitbestimmungsverfahren einzuleiten.
Die Mitarbeitervertretung beantragt, festzustellen, dass
  1. die Besetzung des Nachtdienstes mit einer Pflegefachkraft und einer Pflegehilfskraft ihrer Mitbestimmung nach § 40 Buchstabe i MVG.EKD unterliegt.
  2. die Besetzung des Nachtdienstes mit einer Pflegefachkraft, einer Pflegehilfskraft und einem Auszubildenden im 2. Ausbildungsjahr der Mitbestimmung der Mitarbeitervertretung nach § 40 Buchstabe i MVG.EKD unterliegt.
Die Dienststellenleitung bittet um Zurückweisung der Anträge.
Sie macht geltend, dass es keine rechtlichen Vorgaben bzgl. einer personellen Mindestbesetzung für den Nachtdienst gebe. In den beiden streitbefangenen Fällen sei sie gezwungen gewesen, von der Standardbesetzung ausnahmsweise abzuweichen, weil es unmöglich gewesen sei, die durch Krankheit ausgefallenen Mitarbeiterinnen zu ersetzen. Ob es in den beiden Nachtschichten zu einer Mehrbelastung der Mitarbeitenden gekommen sei, sei fraglich, weil jede Nachtschicht je nach Belegung und Beschwerden der Bewohner unterschiedlich ablaufe. In beiden Nächten seien statt der üblichen 2 bis 3 Kontrollgänge tatsächlich nur 2 vorgenommen worden, um dem geringeren Personaleinsatz gerecht zu werden. Zu betonen sei, dass es sich um Ausnahmefälle gehandelt habe, die zu keiner dauerhaften Hebung der Arbeitsleistung geführt hätten. Ein Mitbestimmungsrecht sei daher in jedem Falle zu verneinen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die eingereichten Schriftsätze und die mündlich zu Protokoll genommenen Erklärungen Bezug genommen.
II.
  1. Das eingeleitete Schlichtungsverfahren ist statthaft, weil zwischen ihnen ein Mitbestimmungsrecht nach § 40 Buchstabe i MVG.EKD streitig ist.
  2. Zweifel an der Zulässigkeit des Schlichtungsverfahrens ergeben sich aus § 33 Abs. 3 MVG.EKD. Denn nach dieser Vorschrift sind die Beteiligten verpflichtet, durch ein vorheriges Gespräch eine Einigung herbeizuführen. Ohne vergebliche Durchführung eines Versuchs der internen Einigung durch ein Gespräch und ohne förmliche schriftliche Feststellung, dass die Einigung gescheitert sei, darf die Kirchengerichtsbarkeit nicht angerufen werden (vgl. Beschluss des KGH vom 30.03.2012, AZ: II-0124/S60-10). Darüber hinaus liegt der Schlichtungsstelle noch nicht einmal ein Beschluss der Mitarbeitervertretung vor, der besagt, dass ein Schlichtungsverfahren eingeleitet werden soll.
  3. Abgesehen von dem oben genannten Verfahrensmangel ist die Anrufungsfrist nach § 61 Abs. 1 MVG.EKD gewahrt worden.
  4. Unabhängig von der zweifelhaften Zulässigkeit des Schlichtungsverfahrens ist es auch in der Sache unbegründet. Das von der Mitarbeitervertretung in Anspruch genommene Mitbestimmungsrecht nach § 40 Buchstabe i MVG.EKD ist nicht gegeben. Der Mitbestimmung unterworfen sind nur Maßnahmen, die auf die Hebung der Arbeitsleistung abzielen. Das heißt, nicht jede auftretende Mehrbelastung einer Schicht führt zu Mitbestimmungsrecht der Mitarbeitervertretung. Vielmehr geht es um Maßnahmen, die für eine gewisse Dauer zu einer Hebung einer Arbeitsleistung führen. Im vorliegenden Fall ging es wegen der Krankheitsausfälle um Notlösungen, die aber keinesfalls erkennen lassen, dass es sich um strukturelle auf gewisse Dauer angelegte Maßnahmen handelt. Im Übrigen ist seitens der Dienststellenleitung unwidersprochen vorgetragen worden, dass eine Arbeitsverdichtung bei den betroffenen Mitarbeitenden dadurch vermieden wurde, dass weniger Kontrollgänge während der Nacht durchzuführen waren. Dieser für die Bewohner möglicherweise nachteilige Umstand fällt aber nicht in die Verantwortung und Zuständigkeit der Mitarbeitervertretung. Der Schlichtungsantrag war nach alledem zurückzuweisen.